Der Ermittler Frank Bakker wird zu einem Fall in Frankfurt gerufen, bei dem fünf Opfer grausam hingerichtet wurden. Dass es sich um keinen normalen Kriminalfall handelt, wird schnell klar, denn allen Opfern wurde das Herz entfernt und alle hatten im Tod einen seltsam seligen Gesichtsausdruck, als hätten sie sich bereitwillig ihrem Mörder hingegeben.

Frank und sein Team, bestehend aus einer Forensikerin, einem Pathologen und einem Vernehmungsspezialisten, versuchen unter dem wachsenden Druck der Bürgermeisterin und der öffentlichen Medien, den Fall so schnell wie möglich zu lösen. Als dann noch ein weiteres Opfer mit denselben Merkmalen gefunden wird, ist offensichtlich, dass es sich um eine Serie handelt.

Nach und nach findet Frank und sein Team Ähnlichkeiten und Verbindungen zu früheren Mordserien und stellt fest, dass die Mörder offenbar alle 24 Jahre zuschlagen und immer nach dem gleichen Muster vorgehen. Das Erschreckende dabei ist, dass sich diese Serie über tausend Jahre zurückverfolgen lässt.

Auf seinen analytischen Verstand konnte sich Frank bisher immer verlassen, nun aber lässt ausgerechnet der ihn im Stich. Frank verirrt sich in einem Netz voller Widersprüche, in dem er zunehmend die Kontrolle verliert.

Als schließlich auch noch seine Schwester, die ihm alles bedeutet, in den Fall hineingezogen und ihm von den Tätern ein Ultimatum gestellt wird, muss Frank eine Entscheidung treffen – eine Entscheidung, die er früher nie für möglich gehalten hätte; um seine Schwester zu retten, muss er sie töten.


Prolog

Es wurde allmählich Zeit, all das aufzuschreiben, was ihm auf der Seele brannte. All das, was passiert war. Und das, was da draußen weiterhin geschah, während er hier saß und für das büßte, was er getan hatte.

Sein Zuhause umfasste zurzeit eine drei mal vier Meter große fensterlose Zelle – ohne Möglichkeit, einen Blick nach draußen in die Freiheit zu werfen. Die einzige natürliche Lichtquelle war eine etwa zwanzig Zentimeter hohe Plexiglasleiste, durch die der Tag gedämpft hereinschimmerte. Das karge Mobiliar bestand aus einem Bett, Tisch und einem Stuhl, alles fest am Boden verschraubt. Ja, damit wir Irren uns nicht selbst mit dem Stuhl den Schädel einschlagen, dachte Frank grimmig, während er bedächtig seinen Schreibblock auf den Boden legte. In der Ecke seiner Zelle befand sich der Luxus einer Toilette und eines kleinen Waschbeckens, in dem selbst das morgendliche Zähneputzen beschwerlich war. Nur nach vielen Ersuchen hatte man ihm endlich Schreibutensilien zur Verfügung gestellt. Hatten sie vielleicht Angst, dass er mit dem Stift seinem elenden Leben selbst ein Ende bereiten würde?

Es war Winter. Er vermisste den sauberen Geruch frisch gefallenen Schnees, die eisige Kälte auf seiner Haut, den Wind, der sich anfühlte, als könnte er durch ihn hindurchwehen. Konnte er es mittlerweile vielleicht sogar tatsächlich? Existierte er überhaupt noch? Oder war er nur noch ein leeres Behältnis für eine bemitleidenswerte Kreatur, die zu feige war, ihrem Leben ein Ende zu setzen?

Frank konnte sich nur noch schemenhaft an die Tage erinnern, als sie ihn gefunden hatten. Alles erschien ihm vollkommen surreal, wie ein böser Traum voller Unmöglichkeiten. Er hatte damals mit allem abgeschlossen und sich den Tod gewünscht, aber man gönnte einem am Pranger Stehenden kein würdiges Ende. Sein letztes bisschen Selbstachtung hatten sie in der Öffentlichkeit genussvoll auseinandergenommen. Und als er bereits am Boden gelegen hatte, hatten sie noch einmal kräftig zugetreten, damit er sich auch ja nicht mehr rührte. Immer wieder hatten sie ihn befragt und erfahren wollen, was in diesem blutverschmierten, leeren Apartment geschehen war. Doch was hätte er sagen sollen? Die Wahrheit? Welche Wahrheit? Und irgendwann hatten sie das Interesse an ihm verloren.

Frank konnte es ihnen nicht verdenken. Er selbst erwachte jeden Morgen mit dem tiefen Wunsch, alles möge nur ein schrecklicher Alptraum gewesen sein. Doch er nahm diesen Schrecken jeden Abend aufs Neue mit in sein dunkles Zimmer. Der süßliche Geruch von Blut verfolgte ihn seit jener Zeit und war allgegenwärtiger Zeuge seiner Tat. Kein Medikament der Welt konnte dieses Bild aus seinem Gedächtnis löschen. Es hatte sich auf ewig darin eingebrannt. Niemals würde er ihre Augen vergessen, die ihn so verzweifelt um Gnade angefleht hatten.

So viele Tränen hatte er bereits vergossen, doch jetzt waren sie versiegt, und eine eigenartige Leere hatte Einzug in ihn gehalten. Zwar verschlang ihn noch immer dieser gefräßige Schmerz, den er so gerne in die Welt hinausschreien wollte, aber wer würde ihn schon verstehen? Ihn, ein Monster, einen Wahnsinnigen, zu Fall gebracht von der eigenen Überheblichkeit und Menschenverachtung.

Dafür würde er in der Hölle schmoren.

Resigniert senkte er den Kopf über die noch leeren Blätter, die vor ihm lagen.

Wenn man es genau betrachtete, war er schon längst dort angekommen.